Donnerstag, 21. Januar 2016

"Du musst dich doch entscheiden!"

Der erste Blogeintrag im neuen Jahr, der erste seit geraumer Zeit, weil viel passiert ist und ich nie die richtigen Worte finden konnte. Hier nun aber mein Beitrag zu einem mir persönlich wichtigen Thema.

Unser Leben ist geprägt von Entscheidungen. Bei der Wahl des Abendessens, bei der Wahl des Studiums oder der Ausbildung oder des Jobs, wenn man das denn anstrebt. Zum Teil sind es aktive Entscheidungen mit langer Bedenkzeit, zum Teil spontane Überlegungen. Und dann ist da die Sache mit den Beziehungen und die ist es, die ich hier insbesondere ansprechen möchte.

Wer kennt das beliebte Motiv der Dreiecksbeziehung nicht aus den Medien? Person A, Held der Geschichte, hat zwei Love Interests und natürlich ist die wichtige Frage nicht, wie die Welt im Endeffekt aussehen wird, sondern, wofür sich Prota entscheiden wird. Da werden Teams gebildet und es gibt seitenlange Diskussionen und überall steht die Frage „Wen liebt A mehr?“ Was ich mich dann frage, ist, ob A überhaupt jemanden vorziehen möchte. Ich würde gerne eine Geschichte lesen oder einen Film sehen, in dem A sagt „Ich liebe euch beide. Ich will mich nicht zwischen euch entscheiden müssen, sondern beide wählen. Und wenn das nicht geht, dann nehme ich eben keinen.“
Das ist vermutlich utopisch. Es wäre eine Entscheidung, aber eine, die sich mit dem Standard nicht vereinbaren lässt und ich weiß, dass viele Menschen in monoamoren Beziehungen leben, aber ich weiß auch, dass das längst nicht alle tun.

Ich lebe polyamor und habe mich früher nie in Beziehungen wohlfühlen können. Ich fühlte mich eingeengt und der Gedanke, den alleinigen Lebensmittelpunkt einer Person darzustellen, war beängstigend. Ich wollte meine Freiheiten behalten und nicht das Modell leben, das mit in den Medien überall präsentiert wurde. Gleichzeitig hatte ich in meiner Umgebung Paare, die immer alles zusammen gemacht haben und das wirkte auf mich immer befremdlich. Wem es gefällt, bitte, ihr müsst damit glücklich werden. Für mich ist es nichts.

Dann habe ich auf FF.de-Usertreffen meine Freundin kennen gelernt und ja, wir hatten Startschwierigkeiten und es hat gedauert, bis wir gelernt haben, uns vernünftig auszusprechen, über Wünsche und Vorstellungen zu reden, über Beziehungskonzepte und Identitäten. Kommunikation ist wichtig. Wir haben gemeinsam viel Zeit mit einer weiteren Person verbracht und sie assimiliert. Ich mag dieses Wort, das beschreibt es bisher am besten, weil irgendwie ist es einfach passiert und niemand kann sagen, wann genau. Wir sind also zu dritt und wir sind glücklich damit.

Natürlich erfordert auch das Absprachen und natürlich ist Eifersucht nicht komplett aus dem Weg geräumt, nur, weil romantische Liebe sich nicht auf eine Person konzentriert. Es zeigt sich bloß in anderer Form und ist bei mir zumindest vor allem die Angst, die beiden zu verlieren. Weil sie jemanden finden, der interessanter ist, als ich, weil Gefühle, die sich nicht kontrollieren lassen, verebben. Dann aber sind da Telefonate und Chats und mehr oder minder spontane Treffen. Dann sind da gemeinsam verbrachte Stunden, in denen wir Geschichten planen oder zocken oder einfach nur reden und lachen und ich weiß, dass meine Sorgen unbegründet sind.


Wir haben eine Weile gebraucht, um diesen Punkt zu erreichen, aber ich bin froh, dass keine von uns aufgegeben hat. Wir sind füreinander da, um uns zu motivieren oder auch mal in den Hintern zu treten, und ich würde darauf nicht verzichten wollen. Natürlich stößt das auf Unverständnis, auf blöde Blicke und seltsame Fragen, aber im Endeffekt weiß ich, dass ich mich entschieden habe. Nämlich dafür, nicht zwischen zwei Personen zu wählen, sondern mit beiden gemeinsam glücklich zu werden. Und meine Liebe kennt keine Abstufungen, kein mehr oder weniger.